Im Genussatelier stellen Mitarbeitende Saucen, Risotto und Risoni her. Die Tomaten stammen aus einer Überproduktion oder entsprechen
nicht der Norm.

Mittwochmorgen, 9.30 Uhr, Mitte Oktober. Emrulla Osmani parkiert vor dem Genussatelier in Fislisbach, steigt aus und holt 25 grüne Kisten aus dem Lieferwagen. Darin sind 57 Kilogramm Ochsenherztomaten, 172 Kilogramm Rispentomaten und 17 Kilogramm Cherrytomaten. Der arwo-Mitarbeiter hat die Tomaten zuvor bei Meier Gemüse, dem grössten Aargauer Tomatenproduzenten, abgeholt.

Peter Buttliger nimmt die Tomaten entgegen. Vier Mitarbeitende warten bereits darauf, das Gemüse auszusortieren. Eine von ihnen ist
Fatbardhe Bardhecaj (Bild). Die junge Frau hat in einer Stiftung eine EBA-Lehre als Köchin absolviert und arbeitet seit über zehn Jahren in der arwo. «Die Schönen legen wir in den Trog zum Waschen, die Schlechten werden aussortiert», erklärt sie, während sie den Stängel an der Rispentomate entfernt und den Rest ins Becken mit Wasser legt. Der Job gefällt ihr. «Ich bin den ganzen Tag in Bewegung und kann immer wieder Sachen probieren», sagt sie und lacht.

Bevor sie die fertige Tomatensauce testen kann, muss sie sich allerdings gedulden. Nach dem Aussortieren und Waschen werden die grossen Tomaten in kleine Stücke geschnitten. Kurz nach elf Uhr leert Peter Buttliger die Ochsenherztomaten in den Kippkessel. Wenn sie nach rund anderthalb Stunden lindgekocht sind, werden sie ins Passevite geleert und von Kernen und Haut getrennt. Danach wird die Flüssigkeit eingekocht. Mehrere Stunden – je nach Tomatensorte. Abhängig vom gewünschten Endprodukt, werden der Grundsauce später Basilikum, Knoblauch, Peperoni oder scharfer Salami beigefügt. Schliesslich wird die Tomatensauce in Gläser abgefüllt, im Dampf sterilisiert und der Lebensmittelproduktion übergeben. Jérôme Bühler zeigt auf eine Maschine: «Wenn alles gut läuft, schaffe ich es, 200 Gläser pro Stunde zu etikettieren.»
Die Tomatensaucen sind nicht das einzige Produkt, das aus den Tomaten hergestellt wird. Ein Teil wird getrocknet und den Risotto- und Risonimischungen beigefügt. «Das Risotto Mediterran ist das beliebteste Eigenprodukt», sagt Esther Schmid vom Verkauf.

Im Genussatelier werden allerdings nicht nur Produkte für die arwo hergestellt, sondern auch für Kunden. Seit diesem Jahr gehört auch der Tomatenlieferant aus Rütihof dazu. Die von Emrulla Osmani abgeholten Tomaten stammen nämlich aus einer Überproduktion oder entsprechen nicht der für den Verkauf vorgegebenen Norm: Sie sind zu gross, zu klein, überreif oder haben einen anderen äusserlichen Mangel. Meier Gemüse produziert jährlich 1500 Tonnen Tomaten. Etwa 3 Prozent oder 50 Tonnen können davon nicht verkauft werden. Um der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken, schenken sie der arwo diese Tomaten und lassen im Genussatelier davon auch ihre eigene Tomatensauce produzieren. «Eine sinnvolle Sache. So können wir eine Institution mit sozialem Auftrag in der Region unterstützen und unsere Tomaten vor dem Wegwerfen retten», sagt Toni Suter, Geschäftsführer bei Meier Gemüse. Im Abfall landet aber keines ihrer Gemüse. Was nicht verkauft oder in der arwo weiterverwendet wird, wird in einer Biogas-Anlage zu Dünger verarbeitet und bleibt somit im Kreislauf.

Mittlerweile ist es 12 Uhr im Genussatelier. Es riecht nach Rispentomaten und Mittagessen. Noch kann Fatbardhe Bardhecaj die Tomatensauce nicht probieren, diese muss noch einkochen. Stattdessen stehen ein Salatbuffet, Teigwarengratin und Fleisch für die Mitarbeitenden bereit. Die junge Frau schöpft sich einen Teller voll und ist ganz zufrieden: «Ich habe nicht nur gerne Gemüse, sondern auch Fleisch.» Sagt es und geht in die Mittagspause, bevor sie am Nachmittag in der Küche weiterarbeitet. Damit auch sicher genügend Lebensmittelprodukte am Badener Adventsmarkt parat stehen, die von ihr und anderen arwo-Mitarbeitenden verkauft werden. (Melanie Bär)