Der Kommunikationspass hilft Betreuenden, sich schneller und besser mit Klienten zu verständigen,
die in der Kommunikation eingeschränkt sind.

«Selbstbestimmung setzt voraus, dass man in irgendeiner Form kommunizieren kann», sagt Roland Meier, Geschäftsführer der arwo Stiftung. Damit sich auch Menschen mitteilen können, die keine Möglichkeit haben, sich verbal auszudrücken, wird in der arwo auf sogenannte UK, unterstützte Kommunikation, gesetzt. Alternative Kommunikationsmittel helfen den Bewohnenden, sich auszudrücken, wenn die Worte fehlen oder andere Einschränkungen bestehen. Dazu gehören Kommunikationshilfen wie Wochenpläne, Fotoalben, bildlich dargestellte Handlungsabläufe, Gegenstände, Piktogramme, Handzeichen oder Fotos. Ebenso elektronische Kommunikationshilfen mit oder ohne Sprachausgaben wie beispielsweise iPad, App etc. Und auch körpereigene Kommunikationsformen zählen dazu, beispielsweise Blickbewegungen, Nicken, Lautsprachreste, Mimik, Gesten, Gebärden oder individuelle Zeichen, Signale oder Signalsysteme.
Dank solchen Hilfsmitteln kann Pia Frei in ihrem Leben trotz cerebraler Lähmung und Gehörlosigkeit mitbestimmen. Unter anderem benutzt die 77-Jährige ihre Gestik, Mimik, ihre eigenen Laute, Bilder, Symbole und Fotos. Zur Videotelefonie benutzt sie ein iPad, wo sie mit Gebärden kommuniziert.

Betreuende müssen wissen, wie sich jemand mitteilen kann
Die Befähigung der Bewohnenden, diese alternativen Kommunikationsmittel anzuwenden, reicht jedoch nicht. Betreuende müssen wissen, wie mit der jeweiligen Person kommuniziert werden kann. Der von der Stiftung Kind und Autismus geschaffene Kommunikationspass ist dabei eine Hilfe. Claudia Surdmann und Charlotte Wandeler haben mit ihrer Vorlage ein System geschaffen, auf dem alle wichtigen Informationen erfasst werden können. Im Dokument wird von den Betreuungspersonen aufgeschrieben, wie sich die Person verständigt: Kann sich die Person überhaupt verbal verständigen, verbal Gesprochenes verstehen? In welcher Sprache? Werden Gebärden gebraucht oder verstanden? Welche Hilfsmittel eingesetzt? Empathie- und Reaktionsfähigkeit? Dieselben Angaben werden beim Inhalt und der Aufmerksamkeit bezüglich Kommunikation gestellt. Als Beispiel wird im Kommunikationspass festgehalten, dass ein Bewohner kurze, einfach Sätze versteht, leise spricht, viele alltäglichen Gebärden kennt und sich anhand von farbig hinterlegten Tagesplänen orientiert, mit Kopfschütteln Nein sagt oder ihm eine Timer-Uhr hilft, das Warten zu erleichtern. Oder eben wie im Falle von Pia Frei, die beispielsweise mithilfe bildlicher Darstellung ihre Getränke, ihre Freizeitgestaltung, ihre Ämtli oder ihre Menüwahl selbst bestimmen kann.
In der arwo ist man dran, solche Kommunikationspässe für Bewohner zu erstellen, die Einschränkungen in der kommunikativen Fähigkeit haben. Das werde immer wichtiger, sagt Meier: «Gerade jüngere Personen wechseln den Job immer häufiger und so können wir sicherstellen, dass sich neue Mitarbeitende einfach einlesen können und so schnell den Zugang zu den Bewohnenden finden.» Das ist wichtig, weil sich Menschen mit schweren Kommunikationsbeeinträchtigungen häufig in einer sozialen Isolation befinden, da sie ihre Gedanken, Wünsche und Gefühle ihrer Umwelt nicht oder nicht deutlich genug mitteilen können. Der Kommunikationspass soll dazu beitragen, dass sie aktiveren Einfluss auf ihre unmittelbare Lebensgestaltung nehmen können. (Melanie Bär)